Hebron (Nunatsiavut/Labrador) im Juli

reblogged vom 18.Juli 2012

Ein sehr friedlicher Platz ist Hebron im Juli – das schöne breite grüne Tal, durchflossen von drei Bächlein, Hänge voller alpiner Blumen und Sträucher, auch die Polarbirken blühen gerade, ebenso die Bärentrauben, die in dichten Teppichen vorkommen. In den schattigen Dellen der Hänge kann man noch kleine Schneefelder erblicken, und kahle Flächen mit braunen, niedergedrückten Sträuchern zeigen, wo vor kurzen noch eine Schneewehe die Vegetation unterdrückt hat.

Blühende "Bärentrauben - Bearberries"
Blühende „Lingonberries“ (Preiselbeere), Hebron

Man kann sich gut vorstellen, dass die 1959 umgesiedelten Bewohner diesem Platz, ihrer Heimat in der geschützten Bucht, immer noch nachtrauern.

Blick vom Hügel auf die alte Missionsstation – Foto: Wolfgang Opel
Blick vom Hügel auf die alte Missionsstation – Foto: Wolfgang Opel

Die 1830 gegründete Herrnhuter Missionsstation Hebron ist darum ein Ort von ganz besonderer Bedeutung für die Labrador-Inuit – aber auch für uns, für unsere Vorhaben:
Nach Hebron fuhr im Winter 1846 Johann August Miertsching von Okak aus auf seiner ersten selbständigen Hundeschlittentour mehr als 200 km über Land und Eis, um seinen Missionarskollegen Herzberg zur medizinischen Behandlung eines ernstlich erkrankten Missionars zu transportieren.

Hebron im 19. Jahrhundert
Hebron im 19. Jahrhundert – Zeichnung von L.T. Reichel ca. 1861

Aus Hebron stammten Abraham, Ulrike, Sara, Maria und Tobias, die auf der Hagenbeckschen Völkerschau 1880/81 allesamt an den Pocken starben – siehe letzter Blogeintrag.

Hebron zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Foto: Ernst Bohlmann
Hebron zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Foto: Ernst Bohlmann

Und in Hebron hielt sich am 15.10.1906 auch der Dresdener Ornithologe Bernhard Hantzsch auf, als er auf der Reise aus Killinek, wo er die Vogelwelt Labradors erkundet hatte, Station machte.

Hebron 1906 - Foto Bernhard Hantzsch
Hebron 1906 – Foto: Bernhard Hantzsch/Sammlung Fam. Dr. Dietz Dresden

Gestern hat Noah Nochasak Hebron erreicht. 10 Tage zuvor war er in Nain gemeinsam mit zwei Mitreisenden zu einer Kajaktour an der Küste Labradors nach Norden aufgebrochen. Auf dem rund 950 km langen Wasserweg um die Nordspitze Labradors herum will er nach Kangiqsualujjuaq (George River). Der 24jährige Inuk aus Nain ist auf der Suche nach einer Synthese von heutigem Wissen, modernster Technik und den besonderen Fertigkeiten, die den Inuit über Jahrhunderte das Leben in der Arktis ermöglichten. Er baute im vorigen Jahr bereits sein zweites qajaq nach der traditionellen Art der Inuit, wenngleich es nicht mit Seehundfell bespannt ist, sondern mit Segeltuch, das mit einem wasserfesten Anstrich versehen wurde. Zur Reiseausstattung gehören auch Satellitentelefon und GPS; denn Noah will die Kultur seine Vorväter wiederbeleben, ohne sie zu dabei zu „fossilisieren“. Siehe auch dieser Beitrag im Explorersweb.

posted by Mechtild Opel am 18. Juli 2012

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