Von Mecklenburg nach Patagonien und Feuerland

Gunther Plüschow und Ernst Dreblow – fast am Ende der Welt

reblogged vom April 2016

Das „Ende der Welt“ ist eine Ortsbezeichnung, aber auch eine Zeitangabe. Üblicherweise denkt man an weit entfernte und schwer erreichbare Sehnsuchtsorte wie Tasmanien, Feuerland, Kamtschatka oder den Nordpol – obwohl gerade der letztere kein Ort, sondern nur eine Fiktion ist. Und Pessimisten und Verschwörungstheoretiker spekulieren über ein anderes „Ende der Welt“ – ihren nicht allzu fernen Untergang.

Grandiose Bergwelt – Cuernos del Paine
Grandiose Bergwelt – Cuernos del Paine

Für zwei deutsche Flugpioniere aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts waren diese beiden „Enden der Welt“ auf tragische Weise miteinander verbunden: den in München geborenen Mecklenburger Gunther Plüschow und den Rand-Berliner Ernst Dreblow. Plüschow, ein Flugpionier im 1. Weltkrieg, war besonders durch die Flucht mit seiner Taube aus der umzingelten deutschen Kolonie Tsingtau in China bekannt geworden.

Gunther Plüschow
Gunther Plüschow
Gunther Plüschow  und Ernst Dreblow
Gunther Plüschow und Ernst Dreblow

Dreblow arbeitete nach dem Krieg in den Berliner Askania-Werken, einem der seinerzeit führenden Unternehmen der Mess-, Navigations- und Kameratechnik. Die Kombination beider Talente und Erfahrungen machte aus ihnen ein erfolgreiches Team in der Geschichte des frühen kommerziellen Flugwesens. Von Plüschow stammte die Idee, sich als Flieger am weitgehend unerschlossenen „Ende der Welt“ Südamerikas – in Patagonien und Feuerland – zu versuchen. Dreblow, ein exzellenter Techniker, war für ihn der ideale Partner.

Wolkiger Tag in der Magellanstraße
Wolkiger Tag in der Magellanstraße

Ende November 1927 brach Plüschow mit dem speziell für ihn gefertigten Kutter Feuerland nach Südamerika auf. Gleichzeitig begleitete Dreblow den Transport eines zerlegten Flugzeuges der Warnemünder Heinkel-Werke auf einem Dampfer nach dem chilenischen Punta Arenas an der Magellanstraße.

Der Kutter Feuerland
Der Kutter Feuerland

Hier bauten sie den Doppeldecker Tsingtau zusammen. Es begann eine schwierige und auch gefährliche Erforschung der Eis- und Bergwelten Patagoniens und Feuerlands und der Kanäle, Seen und Wasserwege an diesem bis dahin nur wenig bekannten „Ende der welt“.

Das Flugzeug Tsingtau, eine Heinkel HD 24
Das Flugzeug Tsingtau, eine Heinkel HD 24

Antoine de Saint-Exupéry, weltberühmter Autor von „Der kleine Prinz“, war übrigens eine Art Pendant zu Plüschow: ein wagemutiger Pilot, erfolgreicher Schriftsteller selbst bis in den Tod.

Blick auf den schneebedeckten Monte Sarmiento
Blick auf den schneebedeckten Monte Sarmiento

Von den Ureinwohnern, die diese Insel- und Bergwelten seit Jahrhunderten bewohnt hatten, waren allerdings „dank“ der weißen Kolonisatoren damals leider nur noch wenige am Leben.

Die Ureinwohner vom Selknam-Volk – Foto: Alberto M. de Agostini
Die Ureinwohner vom Selknam-Volk – Foto: Alberto M. de Agostini

Die gewaltigen Gebirge, die zahlreichen Wasserstraßen, die schwer zugänglichen und weithin menschenleeren Gebiete mit ihren Naturschönheiten aus der Luft zu erkunden, war eine faszinierende Aufgabe für Plüschow und Dreblow. Ähnlich wie ein paar Jahre zuvor ihr Kollege Arthur Neumann, der mit dem Ziel „Nordpol“ über Spitzbergen flog, überquerten sie auch ausgedehnte Schneefelder und Gletscher.

Leuchttum Les Éclaireurs im Beagle-Kanal
Leuchttum Les Éclaireurs im Beagle-Kanal

Nach einem Zwischenaufenthalt in Deutschland, wo Plüschow sein Buch Silberkondor über Feuerland und einen mit Dreblow gedrehten Dokumentarfilm vorgestellt hatte, kehrte Plüschow im Dezember 1930 nach Patagonien zurück, um seine Erkundungsflüge fortzusetzen.

Die berühmten Torres del Paine
Die berühmten Torres del Paine

Nur wenige Wochen später stürzte ihr Flugzeug infolge eines Maschinenschadens über dem Lago Argentino ab. Plüschow und Dreblow konnten nur noch tot geborgen werden.

Gedenkstein für Plüschow und Dreblow
Gedenkstein für Plüschow und Dreblow

Heute erinnern Denkmale in der Nähe der Absturzstelle und nahe ihres Basislagers an die beiden enthusiastischen Flieger.

Pinguine im Beagle-Kanal
Pinguine im Beagle-Kanal

Noch immer aber sind Patagonien und Feuerland für Reisende eines der schönsten „Enden der Welt“ – mit grandiosen Landschaften, unberührter Natur und einer einmaligen Tierwelt.

Abenteuerliche Fahrt über eine schmale Brücke
Abenteuerliche Fahrt über eine schmale Brücke

An die ursprünglichen Bewohner von Feuerland erinnern heute aber nur noch eine Reihe von Bücher und Fotografien aus vergangener Zeit, einige wenige Filmaufnahmen – sowie eine Handvoll Denkmale oder Bildkunstwerke.

Kataix, gehörnter Wald-Geist der Selknam
Kataix, gehörnter Wald-Geist der Selknam
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