Bären auf Kamtschatka Teil II – Jagd gestern und heute

Reblogged vom November 2016

Schwarze Bären … hat man auf ganz Kamtschatka in unbeschreiblicher Menge, und sieht man solche Heerdenweise auf denen Feldern umher schweifen. Im Frühjahr kommen sie haufenweise von den Quellen der Flüsse aus denen Gebürgen, wohin sie sich in Herbste der Nahrung wegen begeben, um daselbst zu überwintern.“ Solche Sätze und mehr finden wir bei Georg Wilhelm Steller, der 1739-1746 auf Kamtschatka war.
Die Itelmenen – eines der indigenen Völker auf Kamtschatka – erlegten die Bären mit Speeren, nachdem sie Fallgruben ausgehoben und mit einer Grasdecke überzogen hatten. Im Winter suchten sie die Bären in ihren Höhlen auf, wohin diese sich zur Winterruhe zurückzogen (Bären senken ihren Blutkreislauf auf ein Minimum). Die Itelmenen stießen mit Speeren durch die Erdhöhle.

Aufgespannte Bärenfelle – Foto: © Ullrich Wannhoff
Aufgespannte Bärenfelle, mit Salz eingerieben – Foto: © Ullrich Wannhoff

Bären haben ausgetretene Pfade, die sie immer wieder benutzen, und dort werden Schlingen aufgestellt. Eine Fangmethode, die bis noch heute üblich ist. In einer Jagdhütte fand ich den Schädel eines so gefangenen Bären. Die Zähne waren stark abgenutzt, als der Bär sich von der Metallschlinge befreien wollte – ein hoffnungsloses Unterfangen.
Steller schreibt weiter: „Sie kommen an die Mündung derer Flüsse, stehen an den Ufern, fangen Fische und werfen sie nach dem Ufer und fressen sie zu der Zeit, wenn die Fische im Überflusse sind, nach Art der Hunde, nicht mehr von ihnen als den Kopf.“ Eine Beobachtung, die auch ich bei Raubtieren machte: oft bleibt das Fleisch liegen, und es fehlen die Köpfe.

Stellers Buch über Kamtschatka
Stellers Buch über Kamtschatka

Die nachfolgenden Expeditionen und Großwildjäger im 19. und Anfang des zwanzigsten Jahrhundert berichten von ähnlichen Erlebnissen, wie Steller sie beschrieb.
Der einzige Zar, der Kamtschatka aufsuchte, war Alexander III., der die Reformen seinen Vaters und die Einführung westeuropäische Rechtsstaatlichkeit wieder rückgängig machte. Er liebte die Jagd und den Fischfang. So hielt er sich 1882 zur Bärenjagd in Kamtschatka auf und veranlasste, in Süden der Halbinsel eine Schutzzone einzurichten, die bis heute erhalten blieb.

Braunbaer-Mama mit Nachwuchs
In den Naturparks von Kamtschatka, wie hier am Kurilensee, sind die Bären geschützt – Foto: © Ullrich Wannhoff

Viele wissenschaftliche Expeditionen erlegten Braunbären für europäische Museen. Unter anderem Sten Bergman, der Kamtschatka 1922 während der Interventionskriege aufsuchte.
Der schwedischen Zoologe schreibt: „Der alte Jäger [ein fünfzigjähriger Kamtschadal-Russe] hatte innerhalb einiger Augenblicke sechs Bären zur Strecke gebracht … Er aber zog ruhig sein Wetzstein hervor und begann sein Messer zu schärfen, während wir übrigen uns versammelten, um das Schlachtfeld zu besehen, über das der Nebel vom Meer hereinzuziehen begann.“

Aus meinem Skizzenblock 2016  –  © Ullrich Wannhoff
Aus meinem Skizzenblock 2016 – © Ullrich Wannhoff

Das reichhaltige Nahrungsangebot der großen Bären machte sie früher wie heute zu einem der beliebtesten Jagdobjekte für Trophäenjäger. Ihre geringe Distanz zum Menschen und ihr friedliches Leben trug dazu bei. Zuerst wurden die stärksten Bären zu Opfern. Die scheueren und kleineren Bären überlebten. Über die Zeit werden die Gene der großen Bären verschwinden, und zurück bleibt eine Art Bär in mittlerer Größe. Ähnlich ist es bei unserem Rotwild, bei dem die stärksten und größten Tiere vor dreihundert Jahren von Adligen und Fürsten abgeschossen wurden. Übrig blieb heute eine kleinere, sehr scheue Rothirschart.

Aus Niediecks Buch „Kreuzfahrten im Beringmeer“
Aus Niediecks Buch „Kreuzfahrten im Beringmeer“

Der Großwildjäger Paul Niedieck schreibt über „Mein stärkster Bär“ „ … so dass ich mich plötzlich nur noch wenige Schritte von dem schlafenden Bär befand, der grunzende Töne von sich stieß, die der Ausdruck des Behagens oder auch Schnarchern gewesen sein mögen. Ich ging nun etwas zur Seite, an eine Stelle, von der aus ich besser schießen konnte, und ließ meine Kugel fahren.“ Das war im Juni 1906 nördlich von Petropavlovsk, wo er mit Helfern und einem Boot mehrere Buchten abfuhren. Im Sommer war das Land in Kamtschatka schwer begehbar.

Paul Niedieck: "Unsere Strecke an Bären und Schafen“
Paul Niedieck: „Unsere Strecke an Bären und Schafen“

Einen Bären in Kamtschatka zu erschießen ist in etwa, als würde ich bei uns eine weidende, friedliche Kuh erschießen. Mit Jagen hat das sehr wenig zu tun!!!
Niedieck brachte aus Kamtschatka und Alaska eine sehr beachtliche Sammlung für das Berliner Naturkundemuseum mit.

Paul Niedieck mit erlegtem Bären

Nach der Wende wurde der Bär stark bejagt – wegen der Galle, die illegal nach China ausgeführt wird. Für etwa 300 Bären pro Jahr werden Jagd-Lizensen ausgegeben, laut mündlicher Aussage. Wie weit illegal gejagt wird – keine Ahnung. Einige Jäger, wie Sergey Gorshkov, wurden zu Fotojägern, die sich heute für den Schutz und Erhalt der Tiere einsetzen.

Zum Thema „Bären auf Kamtschatka“ kann man auch meinen Beitrag „Bären in Kamtschatka – Menschen hinterm Weidezaun“ lesen.

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