Am 31.10.1850, heute vor 171 Jahren, kehrte der völlig erschöpfte Kapitän Robert McClure nach tagelangem Marsch zu seinem Schiff HMS Investigator zurück. Er sah „mehr einer Leiche als einem lebendigen Menschen ähnlich“ schrieb Johann August Miertsching in sein Tagebuch. McClure hatte sich vergewissert, dass die Wasserstraße, in der ihr Schiff lag, eine Verbindung zur bereits von Parry erreichten Barrow Strait besaß. Er war seinem Begleittrupp, der den schweren Lastschlitten zog, allein vorausgeeilt, um den auf der Investigator Zurückgebliebenen zu berichten, dass man nach 300 Jahren Suche am 26.10. endlich die Nordwestpassage entdeckt hatte.
McClure „… wurde aber von Schneewetter befallen, verirrte sich und konnte das Schiff nicht finden, und wanderte so die ganze Nacht durch ohne zu ruhen, schlafen, essen oder trincken, und war zweimal in Gefahr von Eisbären bewillkommt zu werden, hätte er sie nicht früher als sie ihn gesehen; sein Pulver hatte er verschossen um sich der Wache auf dem Schiff bemerkbar zu machen…“, berichtete Miertsching.
Durch dickes Packeis waren sie daran gehindert worden, die Passage per Schiff zu bezwingen, denn die Investigator war in der Prince of Wales Strait, deren Nordausgang vom Eis verstopft war, nahe der Princess Royal Islands festgefroren.
Nach dem Auffinden einer zweiten Passage im Sommer darauf – sie hatten inzwischen Banks Island (damals auch Baring Land genannt) vom Süden her fast umrundet – zwang der Wintereinbruch das Schiff in die Mercy Bay, eine geschützte Bucht, in der es sich heute noch befindet – gefangen im Eis, inzwischen auf dem Grund der Bucht.
Bis heute wird die Leistung McClures und seiner Mannschaft als Entdecker der Nordwestpassage ungerechtfertigt angezweifelt. Zwar ist es theoretisch möglich, dass Männer der tragisch gescheiterten Franklin-Expedition ihnen mit der Erstentdeckung einer Passage zuvorgekommen sein könnten, bevor sie eines qualvollen Todes starben. Allerdings fehlt dafür bis heute irgendein Beweis. Der könnte sich gegebenenfalls in den Wracks von HMS Erebus und HMS Terror befinden – falls die Unterwasser-Archäologen von Parks Canada jemals entsprechende Dokumente dort finden sollten.
Beim Schreiben unserer Biografie über Miertsching ist uns übrigens eine „Wandzeitung“ (siehe ganz oben) hilfreich. Bei der Verarbeitung der Unmengen an Dokumenten und der verwirrenden Vielfalt der Ereignisse ist es nicht einfach, den Überblick zu behalten; diese Kollektion von Bildern unterstützt uns dabei und gibt so manche Anregung.
Nachtrag vom März 2022: Wir freuen uns sehr, dass unser Buch „Weil ich ein Inuk bin. Johann August Miertsching – ein Lebensbild“ im Sommer 2022 im Berliner Lukas Verlag erscheinen wird.
Ich kenne die Geschichte von McClure aus den Recherchen für unser Buch „‚Kanada Nördlich des 60. Breitengrades“ – sie war damals für uns absolut nachvollziehbar und ist es heute immer noch. Vielen Dank für den Bericht und die Bilder.
Hallo Herr Boden, Ihr sehr schönes Buch steht natürlich bei uns im Regal. Wir berichten übrigens in unserer Miertsching-Biografie auch über wenig Bekanntes und sogar bisher Unbekanntes!
Beste Grüße von uns!