Jagd auf Eisbären?

Noch ein Beitrag zur Polar Bear Week

Wieder einmal ist Polar Bear Week, und viele Menschen machen sich Gedanken um die Zukunft der Eisbären. Auch wir in unserem Buch Eisbären – Wanderer auf dünnem Eis. 97% der in der Klimaforschung tätigen Wissenschaftler sind sich einig, dass die gerade stattfindende Erwärmung der Arktis besonders in den letzten Jahrzehnten durch uns Menschen erheblich verstärkt wird. Immer wieder aber versuchen sogenannte Klimawandel-Skeptiker, diesen Zusammenhang zu negieren. Zu ihnen gehören auch die Verteidiger der weltweiten Trophäenjagd, unter anderem auch auf Eisbären.

Jagd auf Eisbaeren - Sammelbild
Jagd auf Eisbaeren – Sammelbild

Die Jagd auf Eisbären ist eigentlich nur noch Vertretern indigener Völker gestattet, und zwar streng reguliert zur sogenannten Subsistenzjagd, was den Bestand der Tiere nicht bedrohen soll. Doch ist es für die Inuit in Kanada auch möglich, ihre Jagdlizenzen auf andere Jäger – sprich: Jagdtouristen, zumeist aus anderen Ländern – zu übertragen, und einige tun das auch, denn es generiert für die betreffenden Gemeinden ein (mangels anderer Möglichkeiten) bitter benötigtes fianzielles Einkommen. Sehr zur Freude von finanziell potenten Trophäensammlern, die diese Möglichkeiten allzugern nutzen.

Subsistenzjagd: ein erfolgreicher junger Inuit-Jäger – Foto: © Levi Noah Nochasak
Subsistenzjagd: ein erfolgreicher junger Inuit-Jäger – Foto: © Levi Noah Nochasak

Während die Jagd durch die Inuit selbst, auch infolge der vollständigen Verwertung der geschossenen Eisbären, als nachhaltig zu bewerten ist, interessiert die Großwildjäger nur eine besonders imposante Trophäe. Den Rest überlassen sie großzügig ihren indigenen Jagdhelfern. Die USA hat den Import von Eisbärentrophäen und -produkten inzwischen verboten, doch ist der Import in die EU, China, die arabischen und andere Ländern weiterhin gestattet. Unglücklicherweise stellt diese Trophäenjagd auf Eisbären – mangels anderer ausreichend gut bezahlter Jobs – für die Inuit eine wichtige, unverzichtbare Einkommensquelle dar.

Eisbärenfelle beim Trocknen – Foto: Wikipedia, Hannes Grohe
Eisbärenfelle beim Trocknen – Foto: Wikipedia, Hannes Grohe

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte die schonungslose Jagd auf Eisbären weltweit zu einem erheblichen Bestandsrückgang geführt. So erlegte der bekannte norwegische Jäger Henry Rudi von 1908-1948 713 Eisbären – davon 252 in den Wintern 1946/47 und 1947/48. Er setzte dabei Selbstschussfallen und Giftköder ein.

Rudolf Kmunke: Eisbärenjagd
Rudolf Kmunke: Eisbärenjagd

Rudi allein tötete damit ungefähr so viele Eisbären wie heutzutage in einer Jagdsaison in ganz Kanada zum Abschuss freigegeben werden. Als sogenannter Eisbärkönig hatte er sich damit einen aus heutiger Sicht sehr zweifelhaften Ruhm erarbeitet. Wurden Eisbär-Mütter erschossen, versuchte man, die Jungtiere einzufangen, um sie daheim an einen Zoo oder Zirkus zu verkaufen. Seit 1973 ist die Jagd auf Eisbären in Norwegen verboten und in den anderen Arktisstaaten streng reguliert, so dass sich inzwischen die Bestände wieder erholen konnten.

Eisbärfang, Svalbard (Spitzbergen)
Eisbärfang, Svalbard (Spitzbergen)

Auch wenn sich Inuit und Wissenschaftler in Kanada einig sind, dass der derzeitige Bestand an Eisbären nicht durch die Jagd gefährdet ist, sondern durch die Veränderung der Umweltbedingungen und die Erwärmung der Arktis, kann niemand prognostizieren, ob das angesichts der Folgen der fortwährenden Erwärmung so bleibt. Die Trophäenjagd auf Eisbären ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Auch wenn die Reiseanbieter, die entprechende Jagdtouren anbieten, von einer angeblich notwendigen Hege schwafeln, geht es letztendlich doch nur um attraktive Trophäen für die Sammlung, nach dem zweifelhaftem Motto „Wer hat den größten …?“

Eisbärfell als Dekoration – Robert Sedlacek: "Brumme nicht"
Eisbärfell als Dekoration – Robert Sedlacek: „Brumme nicht“

Fotos in den Katalogen von Jagdanbietern zeigen, wie sich die „erfolgreichen“ Schützen manipulativ hinter den durch extreme Weitwinkelobjektive vergrößerte Eisbären präsentieren. Tierschützer und Wissenschaftler vermuten sicher zurecht, dass gerade solche Darstellungen wiederum Begehrlichkeiten wecken und damit indirekt Wilderei befördern, die wahrscheinlich besonders in der russischen Arktis stattfindet.

Eisbärtrophäe in einer historischen Postkarte
Eisbärtrophäe in einer historischen Postkarte

Die kanadische Regierung sollte endlich zur Beendigung dieses fragwürdigen Jagdtourismus den Inuitgemeinden einen finanziellen Ausgleich leisten sowie vor allem für andere Erwerbsmöglichkeiten sorgen – zum Beispiel im Umweltschutz, bei der Eisbärenforschung oder bei „nicht-invasiven“ Eisbärbeobachtungen für Touristen. Das wäre doch ein gelungener Beitrag zur „Polar Bear Week“!

Eisbären-Tourismus – Foto: © Annette ConradEisbären-Tourismus – Foto: © Annette Conrad
Eisbären-Tourismus bei Churchill – Foto: © Annette Conrad

Mehr dazu in unserem Buch „Eisbären – Wanderer auf dünnem Eis„. Hier geht es zu weiteren Betrachtungen aus Anlass der „Polar Bear Week“: Teil 1 und Teil 2.

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Eine Antwort zu Jagd auf Eisbären?

  1. Frank Walischewski sagt:

    Was für majestetische Tiere. Meine Frau und ich haben 2010 das Polarmuseum in Tromsö besucht. Übrigens sehr sehenswert!! Dort war auch die Storry über Henry Rudi ausgestellt. Ich konnte danach nur noch mit Tränen in den Augen die weitere Ausstellung zu den Eisbären sichten. Besonders pervers fand ich die Selbstschußanlagen. Lange Kisten, in bequemer Kopfhöhe der Bären. An einer Öffnung war das Futter/Köder und am anderen Ende die geladene Gewehre. … mindestens so feige wie die heutige Großwildjagd.

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