Seit 2008 arbeitet Parks Canada an der Aufklärung der Franklin-Mysterien, eine in der kanadischen Geschichte einmalige Aktion, wobei man sich in den verschiedenen Jahren mit jeweils völlig unterschiedlichen, in jedem Fall aber herausfordernden Arbeitsbedingungen vor Ort konfrontiert sah. In diesem Jahr sind die Unterwasserarchäologen von Parks Canada ein entscheidendes Stück vorangekommen. 2016 und 2017 hatten extrem schlechtes Wetter und aufgewühltes Wasser nur eingeschränkte Beobachtungen am Wrack von HMS Terror erlaubt, und 2018 konnte das Schiff überhaupt nicht inspiziert werden – ganz anders sah es im August 2019 aus: nahezu ideale Bedingungen, ruhiges, fast kristallklares Wasser.

© Parks Canada, Underwater Archaeology Team
HMS Terror wurde nun von außen mit allen Strukturen mittels 3D-Technik vermessen. An sieben Tagen war es möglich, insgesamt 48 Tauchgänge am Schiff zu unternehmen – bei Wassertemperaturen um 0°C (!) waren diese jeweils auf ca. 35 Minuten begrenzt. Wegen des hohen Risikos sind die Taucher noch nicht in das Innere des Schiff gegangen. Unter Nutzung von vier Öffnungen gelang es dem leitenden Unterwasserarchäologen Ryan Harris jedoch, mit hochauflösender, sehr vorsichtig ferngesteuerter Kameratechnik etwa 90 Prozent des Unterdecks zu erfassen, aufzunehmen und fototechnisch zu dokumentieren – ohne dabei Schlamm aufzuwirbeln! Das erfordert Können und Fingespitzengefühl.

© Parks Canada, Underwater Archaeology Team
Obwohl natürlich Ablagerungen auf dem Boden und auf allen Gegenständen liegen, waren die Archäologen begeistert vom exzellenten Erhaltungszustand der sichtbaren Objekte. Kabine für Kabine wurde fotografiert/gefilmt. Glücklicherweise standen alle Türen offen – mit Ausnahme der Schlafkabine von Kapitän Crozier.

Teller und andere Artefakte auf einem Regal nahe des Essplatzes der Mannschaft
© Parks Canada, Underwater Archaeology Team
Die bisherigen Beobachtungen lassen durchaus die Vermutung zu, dass HMS Terror, nachdem sie 1847 aufgegeben worden war, später wieder bemannt und an den heutigen Standort in der Terror Bay von King Williams Island gesegelt wurde. Doch noch ist das bloße Spekulation – denn auch Meeresströmungen könnten das Schiff an den heutigen Platz gebracht haben.

© Parks Canada, Underwater Archaeology Team
Wie Ryan Harris auf der heutigen Pressekonferenz von Park Canada äußerte, wird es nach der Bewertung potentieller Gefahren und Risiken vielleicht möglich sein, dass die Taucher im nächsten Jahr in das Schiff hineingehen, dann aber natürlich mit entsprechender Schutzausrüstung, Schutzhelmen etc. Ob man in Croziers Kabine Logbücher, Tagebücher und andere Aufzeichnungen finden kann, die das Mysterium der Franklin-Expedition aufklären können?
Zur Vorgeschichte der Erforschung der Wracks:
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 1 – Die Suche nach den Wracks
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 2 – Die Ereignisse im September 2014
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 3 – Eistaucher auf Schatzsuche Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 4 – Der Fund von HMS Terror