Erebus und Terror – Retrospektive – Teil 1

Die Suche nach den Wracks

Nachdem Sir John Franklin im Mai 1845 im Auftrag der britischen Admiralität seine Arktisexpedition zum Auffinden der Nordwestpassage durch das Eismeer begonnen hatte, wurden die beiden Schiffe HMS Erebus und HMS Terror zuletzt im August 1845 gesichtet. Für die vermisste Expedition wurden ab 1848 mehrere Suchexpeditionen durchgeführt. Die Deutsche Allgemeine Zeitung vermeldet am 2. April 1854, „auf Grund einer Veröffentlichung der englischen Admiralität … haben also bisher 18 Expeditionen stattgefunden, welche 5.294.000 Thlr. kosteten“. Zudem gab es auf Betreiben von Lady Franklin noch mehrere privat finanzierte Suchunternehmungen.

John Franklin, Portrait von Derby, Public Domain
John Franklin, Portrait von Derby

Im Ergebnis der verschiedenen Expeditionen aus Großbritannien und den USA wurde der arktische Archipel erforscht, kartiert und die nordwestliche Durchfahrt tatsächlich gefunden; Franklins Schiffe blieben jedoch verschwunden. Man fand drei Gräber von 1846 auf Beechey Island, Spuren der Überwinterung bei Cape Riley, viele menschliche Überreste auf King William Island, auch einige andere Gegenstände, leider aber insgesamt nur sehr knappe schriftliche Hinterlassenschaften. Zu diesen kamen mündliche Überlieferungen der Inuit, die verstärkt in den letzten Jahren ausgewertet wurden.

Beechey Island im Schnee mit Gräbern
Drei Gräber von Toten der Franklin-Expedition von 1846 auf Beechey Island, im vierten liegt ein Matrose einer Suchexpedition

So konnte konnte man zwar über die Jahre einige Erkenntnisse darüber gewinnen, dass die Schiffe verlassen wurden, dass Franklin starb, die Mannschaften dann über Land marschierten, dass viele verhungerten und es sogar Kannibalismus gab; aber die Details über Ursachen und Verlauf des Desasters blieben im wesentlichen bis heute ungeklärt.

Holzreste auf Beechey Island
Holzreste auf Beechey Island

Um so mehr Legenden kursieren – unter anderem auch, dass bei den Suchexpeditionen mehr Leute ums Leben kamen als bei der eigentlichen Expedition Franklins – was jedoch falsch ist. Fakt ist, dass keiner der 129 Männer von Franklins Expedition überlebte; hingegen weiß man von nur 37 (oder, nach anderen Quellen, 39) weiteren Toten – über viele Jahrzehnte! – bei den verschiedenen Suchexpeditionen. Wenngleich damals noch weitere Schiffe in der Arktis aufgegeben werden mussten, so überlebte doch die überwiegende Mehrheit der Mannschaften.

Denkmal für Joseph-René Bellot, der während einer Suchexpedition ertrank
Denkmal für Joseph-René Bellot, der während einer Suchexpedition ertrank

Seit nunmehr über einem Jahrzehnt hatte sich die zuständige kanadische Behörde Parks Canada unermüdlich der Suche nach HMS Erebus und HMS Terror gewidmet. 2008 und ab 2010 dann in jedem Sommer wurden aufwendige Schiffsexpeditionen in bestimmte Suchgebiete um King Williams Island unternommen. Moderne Seitensonargeräte, kabelgeführte Sensortechnik und ein unbemanntes autonomes Unterwasserfahrzeug kamen zum Einsatz.

Ryan Harris ueberwacht die Ergebnisse des Seitensonars – Photo: Courtesy of Parks Canada
Ryan Harris ueberwacht die Ergebnisse des Seitensonars – Photo: Courtesy of Parks Canada

Die beteiligten Unterwasserarchäologen zeigten ganzen Einsatz, doch zu oft hatten sie mit Widrigkeiten zu kämpfen, die die ohnehin kurze „Such-Saison“ des arktischen Sommers noch extrem einschränkten: Sturm, hoher Wellengang, eisige Temperaturen, und vor allem: das Meereis. Oft genug verhinderte die lokale Eisbedeckung, durch ungünstige Winde befördert, jegliche Suche in den aussichtreichen Gebieten.

Eiskarte, September 2014
Eiskarte, September 2014

Bis zum September 2014. Am Vormittag des 9.Septembers (kanadischer Zeit) fand in Ottawa eine spektakuläre Presseverlautbarung statt. Die wochenlange Suche des Unterwasser-Archäologenteams von Parks Canada in den Gewässern vor King Williams Island hatte endlich ein Ergebnis gebracht: ein Schiffswrack war auf dem Grund des Queen-Maud-Golfs gefunden worden! Mit diesem durchschlagenden Erfolg hatte man aufgrund der schwierigen Eisverhältnisse des Sommers gar nicht mehr damit gerechnet. Vielleicht war es sogar gut, dass die lokale Eisbedeckung in der Victoria Strait die Crew vom nördlichen Suchgebiet in der Erebus Bay fern- und im Queen-Maud-Golf festhielt. Nach wochenlangen Arbeiten, zu denen auch ermüdendes stundenlanges Starren auf die Ultraschallbilder gehörte, die langsam über den Computerbildschirm liefen, war endlich ein historischer Durchbruch erreicht.

Seitensonar - Erster Blick. Couresy of Parks Canada

Trotz deutlich erkennbarer Beschädigungen insbesondere am Heck des Schiffes meinte Ryan Harris, leitender Mitarbeiter des Team der Unterwasserarchäologen, dass dieses Schiff recht gut erhalten sein muss – vielleicht sogar besser als die 2010 gefundene HMS Investigator.

Fortsetzung folgt: Ist es Erebus oder Terror?

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