Über diese Novelle schrieb Thomas Mann einst, sie sei eine „Verbindung von Menschentragik und wildem Naturgeheimnis, etwas Dunkles und Schweres an Meeresgröße und -mystik“, das „die Novelle, wie er sie verstand, als epische Schwester des Dramas auf einen seither nicht wieder erreichten Gipfel führte“ (zitiert nach der Textausgabe „Der Schimmelreiter“ in Reclams Universal-Bibliothek).
Für mich bleibt diese spannende Novelle zeitlos und zeigt den Beginn der modernen Industrialisierung. Die Hauptperson Hauke Haien steht im Widerstreit zum Aberglauben der Dorfbevölkerung und ihren rückwärtsgewandten Ideen, was der Autor dramaturgisch vorantreibt und zuspitzt. Mein Zyklus zeigt mit Storms Schimmelreiter, wie der Mensch sich selbst abschafft. Die Hauptfiguren im Roman sind dem Untergang geweiht, nur der Damm steht als Zeichen und Mahnung. Auch wenn diese Geschichte im Norden Deutschland angesiedelt ist, betrifft sie uns alle!
Meine Erinnerungen reichen weit zurück an meine Schulzeit, in die zehnte Klasse, als wir den Schimmelreiter behandelten. Die dramatische Szene, als Hauke Haien auf dem Schimmel am Uferdamm mit „Wutgebrüll“ entlang des Meeres ritt, prägte sich tief in mein Gedächtnis ein – bis heute. Interessanterweise wurde zu Zeiten des Kalten Krieges „Der Schimmelreiter“ in West- wie in Ostdeutschland in der Schule behandelt.
Für mich bleibt diese Novelle einzigartig und regte mich zum Illustrieren an. Es entstanden neunzehn Arbeiten in expressiver Form: der malerische Zyklus „Der Schimmelreiter“ nach Theodor Storm (Technik: Collagen, Pastell, Leimfarben; Konsumwerbepapier 50 x 65 cm).
Das Meer frisst und frisst Land, und das seit menschlichem Gedenken. Über Hunderte von Jahren ringt der Mensch dem Meer Boden ab und baut Deiche, um sich vor den Sturmfluten zu schützen. Anderseits heizt er künstlich das Klima auf, um seinen Komfort ständig zu modernisieren.
Meinen Maluntergrund für den Zyklus bilden Werbeprospekte, mit denen wir alltäglich zugeschüttet werden. Tausende Dinge, die Frau/Mann nicht brauchen, die aber als Rauschen im Hintergrund existent sind. Die Kaufkraft wird ins Unendliche angekurbelt, ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt. Mit unserer Sesshaftigkeit und Domestikation hat sich eine Spirale gebildet, eine Überproduktion, der wir nicht mehr Herr werden, und wir ersticken im Werbemüll.
Auf meiner Webseite www.ullrich-wannhoff.de erfahren Sie mehr über meine vielseitigen Tätigkeiten und Ausstellungen, die mich von Dresden bis nach New York brachten.