Der Fund von HMS Terror – September 2016
Auch das zweite Wrack der Franklin-Expedition liegt weitgehend intakt auf dem Meeresgrund.
Das 1848 verlassene und aufgegebene Schiff wurde im September 2016 – außerhalb der bisher bevorzugten Suchregionen! – durch die Mannschaft der „Martin Bergmann“, dem Schiff der kanadischen Arctic Research Foundation (seinerzeit Kooperationspartner der zuständigen Regierungsbehörde Parks Canada) gefunden, nachdem sie einem Hinweis des Inuk Sammy Kogvik aus Gjoa Haven gefolgt war.

Von der in den unzugänglichen Regionen der kanadischen Arktis verschollenen und gescheiterten Franklin-Expedtion waren (bis 2014) nur wenige aufschlussreiche Relikte gefunden worden. Zuerst – 1850 – waren drei Gräber auf Beechey Island die einzigen Spuren der Expedition.

Aus weiteren Funden auf King Williams Island konnte man schließen, dass die Schiffe Erebus und Terror nordwestlich dieser Insel im Eis eingeschlossen wurden. Vermutlich dort starb auch Franklin. In der Hoffnung auf Rettung kämpften sich zumindest Teile der Mannschaft zu Fuß in Richtung Süden. Aber keiner der 129 Seeleute überlebte. –
Mehr als 150 Jahre lang haben zahlreiche Forscher und Historiker versucht, aus den wenigen verfügbaren Informationen den Verlauf der Franklin-Expedition und die Gründe des Scheitern zu rekonstruieren, doch das meiste davon liegt noch immer im Bereich der Spekulation. 2014 wurde HMS Erebus viel weiter im Süden vor der Adelaide-Halbinsel gefunden. War das Schiff wieder bemannt und dorthin gesegelt worden?

Am 3. September 2016 wurde HMS Terror, die unter dem Kommando von Kapitän Francis Rawdon Moira Crozier gestanden hatte, in der Terror Bay – ganz passend zum Namen des Schiffes – gefunden. Das war knapp 100 km südlich der Position, in der sie einst vom Eis eingeschlossen und dann verlassen wurde. Weitgehend intakt, mit allen drei Masten noch stehend, ruht sie in 24 Meter Tiefe. War auch dieses Schiff wieder bemannt worden?

An der „Mission Erebus and Terror 2016“ in verschiedenen Gebieten des kanadischen arktischen Archipels, die aufgrund der Eisbedingungen immer nur am Ende des Sommers stattfinden kann, waren neben der privaten gemeinnützigen Arctic Research Foundation mit dem Schiff Martin Bergmann und der Regierungsbehörde Parks Canada mit dem Forschungsboot Investigator auch der Eisbrecher Sir Wilfrid Laurier der Canadian Coast Guard und HMCS Shawinigan der Royal Canadian Navy beteiligt. Wäre doch eigentlich nett, wenn den Findern die vor 170 Jahren ausgelobte Summe von 10.000 Britischen Pfund zustehen würde!

Unterwasserarchäologen bestätigen Identität des Wracks
Nach dem Fund des Schiffswracks haben Archäologen von Parks Canada die Fundstelle aufgesucht. Wie der Unterwasser-Archäologe Ryan Harris in einer Pressekonferenz am 26. September 2016 erklärte, hatten jedoch schwierige Wetterverhältnisse den Beginn der archäologischen Untersuchungen am Wrack verzögert.

Erst am 17.9. konnten lediglich drei Tauchgänge stattfinden, wobei die Sichtverhältnisse unter Wasser wegen der wetterbedingten Aufwirbelungen sehr schlecht waren. Das Deck des Wracks war nicht nur mit einer Menge von Ablagerungen, sondern auch mit reichhaltigem Bewuchs von Meerespflanzen bedeckt, wie man sie in solch nördlichen Breitengraden kaum erwartet.

Dennoch konnten die Taucher typische Merkmale und Aufbauten britischer Forschungsschiffe des 19. Jahrhundert erkennen, die auch für HMS Erebus und Terror zutreffen. Der Rest der Untersuchungen stützt sich auf Scans mittels eines Seiten-Sonar und eines Fächer-Echolots. Schließlich verglich man die Scans mit dem historischen Archivmaterial, einschließlich der Schiffspläne. Das Ergebnis: Details wie die Anordnung des Bugspriets, der Ort und die Beschaffenheit des Steuers und die Größe der Speigatte belegen, dass es sich tatsächlich um HMS Terror handelt.

Ein Problem in der Folgezeit nach diesem glücklichen Fund war es, den Schutz der Fundstätte von HMS Terror zu sichern. Dazu hat Kanadas Regierung mit der Regierung des Territoriums Nunavut und den zuständigen Organisationen der Inuit langwierige Verhandlungen geführt; in der Folge überwachen und sichern lokale Inuit in einem Guardian program die Fundstätten der Schiffe vor unbefugtem Zutritt. – Die weitere archäologische Erforschung ging nur in kleinsten Schritten vorwarts, denn sie musste sich jeweils auf winzige Zeitfenster in den kurzen arktischen Sommern beschränken.

Fortsetzung folgt: August 2019 – Bericht der Archäologen vom Wrack der Terror
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 1 – Die Suche nach den Wracks
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 2 – Die Ereignisse im September 2014
Erebus und Terror: eine Retrospektive – Teil 3 – Eistaucher auf Schatzsuche