Begräbnis bei Cape Cockburn

Nachdem Johann August Miertsching und seine Leidensgenossen die Investigator verlassen und die Rettungschiffe HMS Resolute und HMS Intrepid bei Dealy Island erreicht hatten, hofften alle, im Herbst wieder in Europa zu sein. Tatsächlich brach am 17. August 1853 das Eis auf, und die Schiffe trieben mit den Eisfeldern gen Osten; nur selten lagen offene Wasserflächen vor ihnen, die es erlaubten, zu segeln. Doch bald blieben die Temperaturen konstant unter Null, und am 10. September waren die Schiffe wieder festgefroren.
„Von einem Tag zum andern war Miertschings Hoffnung vereitelt worden, noch im gleichen Jahr nach Hause zu kommen. Von Tag zu Tag wurde es kälter und das Eis immer dicker – die Schiffe froren endgültig ein“ (Zitat aus unserem Buch). Anders als bei Dealy Island waren sie nun weit vom Land entfernt, doch die Eisfelder, die die Schiffe gefangen hielten, bewegten sich mit den wechselnden Strömungen noch einige Wochen lang ostwärts.

Cape Cockburn
Cape Cockburn, Zeichnung von Frederic William Beechey

Miertschings Tagebucheintrag vom 14. November 1853 – vor genau 169 Jahren:
Seit mehreren Tagen wurde bemerkt daß das Eis nun zum völligen still stehen gekommen ist; beide Schiffe befinden sich nach den angestellten Beobachtungen seit 3 Tagen auf einer und derselben Stelle, und diese wurde nun als unser Winterquartier bezeichnet.“ Sie waren jetzt etwa 60 Kilometer vom Cape Cockburn auf Bathurst Island entfernt. Seinen Namen erhielt das Kap zu Ehren des Vize-Admirals Sir George Cockburn (1788-1853) von Edward Parry auf seiner Reise zur Suche nach der Nordwestpassage 1819/20, bei der Parrys Schiffe bis nach Melville Island gelangt waren – viel weiter als jedes britische Schiff zuvor.

Sir Georg Cockburn
Vizeadmiral Sir George Cockburn, Gemälde von Henry William Beechey, Royal Museums Greenwich

Anlass für Miertschings Tagebucheintrag am 14.11. war der Tod von Leutnant Henry Hubert Sainsbury, gerade einmal 26 Jahre alt, der an diesem Tag seinen langen und schweren Leiden erlegen war. Miertsching hatte sich gemeinsam mit dem Assistenzarzt Henry Piers ganz besonders um den erkrankten Sainsbury gekümmert und in letzter Zeit nachts bei ihm gewacht. Tags darauf wurde sein Leichnam mit militärischen Ehren durch das Eis im Meer versenkt. Miertsching schrieb einen Spruch für ihn ins Tagebuch, der aus einem Gesangbuch der „Moravian Church“ (Herrnhuter Brüdergemeine) stammt, doch er ersetzte hier das Wort „earth (Erde) mit „Sea“ (Meer) :

To the Sea let these remains
In hope committed be;
Until the body, changed, obtains
Blessed immortality
.

Begräbnis im Eis
Begräbnis im Eis – hier eine zeitgenössische Darstellung, die das (allerdings fiktive) Begräbnis von Sir John Franklin zeigen soll.

Auf Befehl des Flotten-Admirals Sir Edward Belchers wurden HMS Intrepid und HMS Resolute im Frühjahr 1854 aufgegeben und verlassen, und die Männer machten sich zu Fuß auf den Weg nach Beechey Island.

Verlassen von HMS Intrepid und HMS Resolute
Verlassen von HMS Intrepid und HMS Resolute im Frühjahr 1854: die mit Segeln ausgerüsteten Lastschlitten werden in Bewegung gesetzt.

Mehr über die Arktisreise Miertschings in unserem Buch „Weil ich ein Inuk bin. Johann August Miertsching – Ein Lebensbild

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