Erst im Nachhinein wurde klar, dass dieser 20. Juli in vieler Hinsicht entscheidend für den letztendlichen Erfolg der HMS Investigator war – die Entdeckung der Nordwestpassage.
Der ursprüngliche Plan der britischen Admiralität sah vor, dass die Schiffe HMS Enterprise und HMS Investigator im Sommer 1850 gemeinsam von der Beringstraße aus ostwärts in die Arktis fahren sollten, um nach der verschwundenen Franklin-Expedition zu suchen.
Die beiden Schiffe, deren Segelgeschwindigkeit sich deutlich unterschied, waren aber schon seit Wochen getrennt, und HMS Enterprise unter Kapitän Richard Collinson erreichte vor HMS Investigator unter Kapitän Robert McClure den Hafen Honolulu auf Hawaii. Nicht wissend, wann die Investigator eintreffen würde, entschloss sich Collinson, allein weiterzufahren, wohl wissend, dass sich Johann August Miertsching, Übersetzer für die Kommunikation mit den Inuit, an Bord der Investigator befand. HMS Enterprise nahm einen wohlbekannten Kurs auf – zunächst in Richtung Kamtschatka.
Collinson hatte in Honolulu einen Brief für McClure hinterlegt, in dem mitteilte, dass er nunmehr am Cape Lisburne auf die Investigator warten würde, jedoch plante, „im Falle dass die Investigator die Beringstraße nicht rechtzeitig erreichen sollte, mit der Enterprise entweder allein oder zusammen mit der beim Cape Lisburne im Nordwesten Alaska stationierten HMS Plover auf die Suche nach der Franklin-Expedition zu gehen, wohingegen die Investigator die Rolle der Plover als fest stationiertes Schiff übernehmen müsste.“ (Zitat aus unserem Buch)
Als HMS Investigator in Honolulu eingetroffen war, rief Collinsons Brief bei McClure und seinen Offizieren massive Unzufriedenheit hervor. Sie wollten nicht bei Cape Lisburne stationiert werden; schließlich hatten sie sich als Freiwillige der Suchexpedition angeschlossen und wollten nicht darauf verzichten, an der Auffindung der Franklin-Expedition und den damit verbundenen Ehrungen beteiligt zu sein.
Wie auch Collinson war McClure darauf hingewiesen worden, dass der schnellste Weg nach Norden mitten durch die Inselkette der Aleuten führe. Als ihm dieses nun vom Kapitän eines Handelsschiffes bestätigt wurde, gab es für McClure kein Zögern mehr: die Investigator nahm umgehend direkten Kurs auf die Aleuten, wo sie am 20.7. den Seguam Pass zwischen den Inseln Amlia und Seguam erreichten. Damit hatten sie den langen Umweg in Richtung Kamtschatka um mindestens zwei Wochen abgekürzt.
Nachdem McClure Ende Juli Cape Lisburne erreicht und dort vergeblich nach der Enterprise Ausschau gehalten hatte, entschied er sich, allein in die Arktis weiterzusegeln. So fuhr HMS Investigator noch rechtzeitig um Cape Barrow ins Polarmeer, bevor das Packeis im Spätsommer diese Passage erneut verschließen würde.
Noch im gleichen Herbst konnten sie die Entdeckung der Nordwestpassage feiern, fanden jedoch keinerlei Spuren der vermissten Franklin-Expedition. Mehr dazu in unserem Buch über das Leben von Johann August Miertsching „Weil ich ein Inuk bin“.