Die Musik Ian Tamblyns
reblogged vom April 2015
„They said the trees would last forever / Forever just ran out of time“
Man hört den regelmäßigen Schlag von Wellen gegen das Ufer, dazu ertönt eine sehnsuchtsvolle Flötenmelodie, die an indianische Musik erinnert:
Das ist das Intro einer CD, deren zweites Stück mit einer akustische Gitarre beginnt, zurückhaltend begleitet von Violine und weiteren Instrumenten; eine warme, sehr ausdrucksstarke Stimme setzt ein – und schon ist man mitten drin im „Land der Silberbirke“, man sitzt im Kanu, sieht eine raue felsige Küste und steinige Strände vor sich; man hört den Ruf des Prachttauchers, riecht den Duft des Holzfeuers. „It’s always home again“ – „hier bin ich immer wieder zuhause“, singt eine kräftige, aber verhaltene Männerstimme, „an der Küste meiner Träume“. Die Reise in die Wald- und Felsenlandschaft am Lake Superior führt in fast unberührte Natur und zugleich in die Erinnerung, die Geschichte des Landes und ihrer Menschen.
Dass Kanada an drei Meeren – Atlantik, Nordpolarmeer und Pazifik – gelegen ist, erschließt sich jedem beim Blick in den Atlas. Als dem kanadischen Singer-Songwriter Ian Tamblyn bewusst wurde, dass der Lake Superior und die anderen großen Seen im Nordwesten seiner Heimat Ontario gewissermaßen noch eine vierte Küstenlinie – im Herzen des Landes – bilden, wurde dies zur Grundlage eines Projektes, das Tamblyn vor nunmehr fast 10 Jahren [edit: inzwischen sind es über 13 Jahre] ins Auge fasste.
Zum „Four Coast Project“ gehören nun vier CDs, mit denen Tamblyn Kanada als eine Klanglandschaft vorstellt.
In Superior – Spirit and Light begibt er sich an die Küsten im Landesinneren, das Land der Silberbirken und Schwarzfichten, das Land der Cree First Nation, er erzählt Geschichten und Geschichte und besingt wunderbare Landschaften.
Raincoast bringt uns an die Pazifikküste mit Hochgebirgszügen, zahllosen Inseln, sanften Buchten und tiefen Fjorden.
Walking the Bones wurde durch Tamblyns zahlreiche Reisen in den hohen Norden inspiriert. Die Arktis ist für ihn eine Welt voller Wunder und Schönheit, in der die Zeit manchmal still steht.
The Labrador führt uns zu den schroffen, unbezwingbaren Bergen der Torngat Mountains im Norden Labradors an der Ostküste Kanadas, die sich majestätisch über tiefen Fjorden erheben.
Tamblyn erweist sich als Meister der wortstarken, gedankenträchtigen Lyrik, aber auch der Gitarre und des subtilen, zeitweise nur minimalistischen Einsatzes weiterer Instrumente. Faszinierend ist es, wenn Geräusche aus der Natur die Rolle von Musikinstrumenten übernehmen – wie in The Sandhills, wo die Stimme eines Kanada-Kranichs (Sandhill Crane) sogar zum tragenden „Instrument“ wird.
Mehr über Ian Tamblyns vielseitiges Schaffen, über seine oft witzigen und hintergründigen kleinen Geschichten und die eindringliche, ausdrucksstarke Musik des Singers-Songwriters kann man in meinem 8-seitigen Artikel „Kanada als Klanglandschaft“ im Heft 2/2015 des Magazins 360° Kanada nachlesen.