reblogged vom Juli 2015
Auf der Visitenkarte von Sergej Pasenjuk steht „MENSCH“.
Ein großartiger Beruf!!! – Ein Universeller.
Sergej lebt seit über vierzig Jahre auf der Beringinsel, und auf dieser Insel arbeitete er als Jäger und Fischer. Nachdem die Kommandeurinseln, zu denen die Beringinsel gehört, 2002 Weltnaturerbe geworden sind, war die Jagdtätigkeit beendet. Er arbeitete dann für den Naturschutz. Jetzt ist er in Rente – ohne Ruhestand. In Russland am Ende der Welt wird man schon mit 55 Pensionär.
Sergejs Leidenschaften liegen aber nicht nur in diesen beiden Berufen. Er ist Allround-Künstler, Maler, Grafiker, Schriftsteller, Segler, Bootsbauer und Romantiker. Ein Mensch mit zwei goldenen Händen und einem klaren Kopf, der nicht in Alkohol ertränkt wird, wie bei vielen seiner Mitbewohner im Dorf Nikolskoje, das etwa 600 Einwohnern beherbergt.
Erst im Nachherein bin ich ihm sehr dankbar. Wir segelten einst zu zweit 600 Meilen entlang der Alaska-Küste auf den historischen Spuren von Vitus Bering, und hatten großartige Erlebnisse mit der Yacht „Alexandria“, die den Namen seiner Frau trägt. Ihr Kosename ist Schura.
Sergej zeigte mir seine Inseln, auf denen ich dann später allein wanderte, Beobachtungen anstellte, und wo viele Aufzeichnungen entstanden. Er öffnete mir die Inselwelt der Aleuten, die auf russischer Seite mit den Kommandeurinseln beginnen, auf amerikanischer Seite über Unalaska und Kodiak auf Kayak Insel enden.
Sergejs Rastlosigkeit scheint einzigartig in ganz Kamtschatka zu sein, wo die Kommandeurinseln dazu gehören. Kaum ein Mensch kennt ihn nicht. Ich achte und liebe ihn mit all seinen vielseitigen Tätigkeiten.
Jedes Mal bin ich überrascht. Mal baut er eine Baidarka, dann repariert er kleinere Boote und größere Yachten, dann malt und zeichnet er und plant größere Buchprojekte – die zum Teil realisiert wurden.
Sein Erzählquell hat kein Ende. Eine Geschichte schichtet sich auf neue Geschichten und der Turm von Babel wird immer höher und ragt weit in unseren menschlichen Kosmos hinein.
Seine Sammeltätigkeit ist unermüdlich. Viele Polarfuchs- und Seeotter-Schädel zieren Balkenleisten im Bootshaus. Draußen liegt ein Schädel vom Wal. Die Wände sind voll mit historischen Fotografien, Briefen von Freunden, alten Zeitungsausschnitten, sogar aus der Zeit Russisch-Amerikas. Die fand er unter Dielen der Abrisshäuser, die früher zur Russisch-Amerikanischen Kompagnie gehörten.
Alte Holzschindeln und Gebrauchsgegenstände gehören ebenfalls zu seinen Sammelobjekten. Er errichtet Denkmäler zu Ehren der toten Seeleute, die während der „Großen Nordischen Expedition“ unter der Führung Vitus Bering an Skorbut starben. Die Kanonen vom Schiff „St. Peter“ wurden von ihm neu präsentiert: Sie bekamen ein neues Untergestell und einen frischen Anstrich.
Vor kurzem kam eine Mail, in der er berichtet, dass er mit Freunden das fast vollständig erhaltene Skelett einer Stellerschen Seekuh ausgegraben hat und im Bootshaus zusammenbaut. Hier sind die Bilder.
Es handelt sich eine Seekuh, die 1741 von dem deutschen Naturwissenschaftler Georg Wilhelm Steller erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde, aber bereits kurze Zeit später ausgestorben war.
Ich bin dankbar, so einen agilen Typen zu kennen! Was für ein MENSCH, Sergej.