Ein Schwabe reist zum Nordpol: Joseph B. Mauch

reblogged/bearbeitet vom August 2014

Es gibt nur wenige Arktisreisende unter den Schwaben. Vielleicht fehlt ihrer Heimat das Meer und auch die eisige Kälte des Winters, um in jungen Leuten die Sehnsucht nach den polaren Regionen zu wecken? Über die Reisen des Schwaben Franz Joseph Lang in den Hohen Norden berichten wir hier.

Joseph B. Mauch
Joseph B. Mauch

Die Anregung für Joseph B. Mauchs Interesse an einer Forschungsexpedition kam von seinem Bruder Karl, der sich von 1865 bis 1871 im Süden Afrikas aufhielt und unter anderem die Ruinen von Groß-Simbabwe untersuchte, beschrieb und in Europa bekannt machte. Heute gehören sie als eine der bedeutenden frühen Großbauten Afrikas zum UNESCO-Welterbe.

Centralbahn Ludwigsburg um 1860
Centralbahn Ludwigsburg um 1860

Joseph B. Mauch, am 19.10.1849 – vor 170 Jahren – in Ludwigsburg geboren, wählte eine andere Himmelsrichtung als sein Bruder. Er begab sich 1866 nach Nordamerika und begann dort mit dem Studium der Medizin und der Pharmazie. 1871 bewarb er sich als Teilnehmer der Amerikanischen Nordpolexpedition unter Führung von Charles Francis Hall. Da die Positionen der Wissenschaftler schon besetzt waren – der führende deutsche Kartograph August Petermann hatte seinen ehemaligen Studenten Dr. Emil Bessels als wissenschaftlichen Leiter wärmstens empfohlen – zögerte Mauch nicht und heuerte als einfacher Matrose an.

Charles Francis Hall
Charles Francis Hall

Als das Expeditionsschiff Polaris den Hafen in Brooklyn verließ, befanden sich neben Mauch und Bessels noch acht weitere Deutsche an Bord, unter ihnen der in Gingst auf Rügen geborene Wilhelm Nindemann. Die Expedition stand von Beginn an unter einem schlechten Stern. Ständig gab es Spannungen zwischen Hall, seinem wissenschaftlichen Leiter Dr. Bessels und dem Kapitän der Polaris Sidney O. Budington. Auch der hohe Anteil deutscher Teilnehmer soll zu „internationalen“ Konflikten auf dem Schiff geführt haben.

Expeditionsschiff Polaris
Expeditionsschiff Polaris

Die Expedition verlief zunächst erfolgreich. Dank günstiger Eisbedingungen erreichte das Schiff immerhin die Position 82°29′ N und überwinterte dort. Hall begab sich auf eine Schlittenexpedition, um noch weiter in Richtung Nordpol zu gelangen.
Nach seiner Rückkehr zum Schiff wurde er plötzlich krank und verstarb am 8.11.1871, vermutlich an einer Arsenvergiftung. Mauch, der persönliche Assistent Halls, der auch sein Expeditionstagebuch führte, hatte von ungewöhnlichen chemischen Gerüchen in Halls Kabine berichtet. Bis heute ist trotz einer Obduktion des Leichnams, die fast 100 Jahre später vorgenommen wurde, nicht geklärt, ob Hall durch Mord oder eine Fehlmedikation vergiftet wurde.

Hier endete die Polaris
Hier endete die Polaris

Nach Halls Tod und der ersten Überwinterung wollte Budington nur noch nach Hause, während Bessels und andere die wissenschaftlichen Aufgaben fortsetzen wollten. Am 15. Oktober 1872 stieß das Schiff vor Grönland gegen einen Eisberg, und der Kapitän befahl, Teile der Ausrüstung auf das Eis zu bringen. Da das in der Nacht geschah, herrschte großes Durcheinander. Ein Teil der Besatzung befand sich auf dem Eis und der Rest auf dem Schiff, als die Eisscholle und mit ihr ein Großteil der Besatzung vom Schiff abgetrieben wurde. Glücklicherweise waren alle Inuit auf der Eisscholle. Nur dank ihrer Fähigkeiten überlebten alle auf dem Eis Gestrandeten die nun folgende Drift von sechs Monaten in Richtung Süden.

Messarbeiten bei Etah
Messarbeiten bei Etah

Joseph B. Mauch befand sich während der Trennung der Mannschaft gerade an Bord der Polaris. Budington setzte das Schiff am folgenden Tag in der Nähe der grönländischen Inuit-Siedlung Etah auf den Strand. Dort überwinterten die Seeleute. Bessels, Mauch und andere nahmen die wissenschaftlichen Arbeiten wieder auf. Mauch vervollständigte seine Aufzeichnungen und fertigte eine Vielzahl von Zeichnungen an. Im folgenden Sommer gelangten die Seeleute mit zwei aus Holzresten gezimmerten Booten nach Süden, wo sie von einem Walfänger aufgenommen wurden.

Halo - Skizze von Joseph B. Mauch
Halo – Skizze von Joseph B. Mauch

Mauch erreichte auf dem Umweg über Schottland wieder die USA, wo er seine Studien fortsetzte und später als promovierter Pharmazeut eine Apothekerpraxis führte. Er gründete eine Familie und war in verschiedenen Gesellschaften tätig, so im Arctic Club of America, im Deutschen Liederkranz und in einer Freimaurer-Loge.

"Halo" - Nebensonne  bei Etah
„Halo“ – Nebensonne bei Etah

Bei verschiedenen Gelegenheiten hielt er Vorträge über seine Teilnahme an der Polaris-Expedition. Als einer der letzten Überlebenden der Expedition starb Joseph B. Mauch am 2. Februar 1909. In seiner Heimat in Schwaben ist er fast vergessen; dort erinnert man nur an seinen Bruder, den Afrikareisenden Karl Mauch.
Herzlicher Dank gilt Herrn Roschmann für wichtige Informationen über Joseph B. Mauch!

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