Der vor genau 200 Jahren, am 25.6.1822, viel zu früh verstorbene Dichter, Komponist und Jurist E.T.A. Hoffmann hatte gute Freunde, unter denen ihm einige hin und wieder Inspirationen zu seinen phantasievollen Werken lieferten.
Zum Berliner Freundeskreis des Künstlers gehörte Adelbert von Chamisso, der sich im Juli 1815 auf eine Weltreise begeben hatte, die bis 1818 andauerte. Auf Empfehlung von Hoffmanns Freund Hitzig hatte man ihn als Naturforscher – Botaniker und Zoologe – für die russische Expedition auf der Zweimast-Brigg „Rurik“ unter dem Kommando von Otto von Kotzebue berufen.
Die Rurik segelte zunächst von St. Petersburg nach Plymouth. Von dort sandte Chamisso 1815 einen Brief an Hoffmanns Freund Eduard Hitzig, ein geplantes Buchprojekt mit Hoffmann, Karl Wilhelm Salice-Contessa und ihn betreffend, das er nun nicht mehr beenden konnte. Von Plymouth aus reiste Chamisso – ähnlich wie 35 Jahre später Johann August Miertsching auf HMS Investigator – um Südamerika, von wo die Rurik allerdings Kurs auf Kamtschatka nahm. Seinem Freund Hoffmann hatte er die Idee zu einer skurrilen Erzählung im botanischen Umfeld hinterlassen, und nachdem Hoffmann sich drei Jahre später etwas fachkundig machte, entstand die Erzählung „Datura fastuaosa (Der schöne Stechapfel)“, die erst 1823 posthum veröffentlicht wurde.
Als die Rurik Petropawlowsk (Kamtschatka) erreicht hatte, konnte Chamisso endlich wieder Briefe senden – und natürlich schrieb er an seinen Freund Hoffmann. Der dänische Leutnant Wormskiold hatte hier die Rurik verlassen – zu Chamissos Erleichterung, denn er hatte als „freiwilliger Naturforscher“ neun Monate lang Chamisso mit seiner Eifersucht gequält, ganz anders als der andere Naturwissenschaftler an Bord, Eschscholtz, mit dem Chamisso gut zurecht kam. Sicherlich bot die komplizierte Beziehung zwischen Wormskiold und Chamisso die Anregung für Hoffmanns satirische Erzählung Haimatochare, die er auf Oahu (Hawaii) spielen lässt.
Die Rurik segelte im Juli 1816 weiter in die Beringstraße, wo verschiedene Orte an den Küsten Alaskas nach Teilnehmern der Expedition benannt wurden: Kotzebue Sound, Eschscholtz-Bay und Chamisso-Insel. Die Berliner Freunde sahen Chamisso schon am Nordpol, wovon eine scherzhafte Karikatur Hoffmanns zeugt.
Jedoch kehrte die Rurik dem Polarmeer bald den Rücken und segelte nach Hawaii, von wo aus Chamisso wieder an Hoffmann schrieb. 1817 ging es nochmals nordwärts, jedoch ordnete Kotzebue bei den St. Lorenz-Inseln die Rückkehr an, und über die Südsee und das Kap der Guten Hoffnung erreichte das Schiff 1818, nach drei Jahren Fahrt, wieder Europa und Russland. Ganz anders die Investigator mit Miertsching. Sie lief 1850 ebenfalls Hawaii an und segelte dann über den Kotzebue Sound ins Eismeer, wo die Besatzung vier Winter verbringen musste – und wo sich das Schiff heute noch befindet. Ob Miertsching wohl jemals Chamissos Buch über die Weltumseglung oder gar Hoffmanns Erzählungen gelesen hat?