Die Seele des Flusses gebiert Landschaften. Eine Selbstbetrachtung

Am Kamtschatka-Fluss, Teil III – Malerei

reblogged vom 29. Juli 2013

Künstlerische Umsetzung: Malerische Collagen am Fluss Kamtschatka

Vulkan Schivelutsch – © Ullrich Wannhoff
Vulkan Schivelutsch – das andere Ufer – © Ullrich Wannhoff

Der größte Fluss schlängelt sich durch die Halbinsel und halbiert dieses wilde Land: in ein aktives Vulkangebirge im Osten, mit der höchsten Vulkangruppe um den Klutschewskaya, und ein inaktives westliches Vulkangebirge (nehmen wir den 3607 m hohen Ischinskaya Sopka einmal aus).

Mondlicht ertrinkt im Fluss – © Ullrich Wannhoff
Mondlicht ertrinkt im Fluss – © Ullrich Wannhoff

Wie alle großen Wasserstrassen erlangte der Kamtschatka-Fluss im 17. bis ins 20. Jahrhundert große Bedeutung. Seit tausenden von Jahren ziehen Millionen Lachse in den Hauptstrom und klettern dann die kleinen Flüsse hinauf zu ihren steinigen Geburtsorten. Sie bilden die Nahrungsgrundlage für die hier lebenden Völker, die Itelmenen und sesshaften Korjaken.

Gelbe Sichel über den Bergen – © Ullrich Wannhoff
Gelbe Sichel über den Bergen – © Ullrich Wannhoff

Mit dem Beginn der Kolonialisierung 1697 durch Kosaken nutzte man den Fluss für Transporte und legte strategisch neue Ortschaften an. Aus den schwerbegehbaren Pfaden wurden breite Wege und Strassen, die die Ortschaften verbinden. Weideflächen, Kartoffel- und Kohlfelder umrandeten die wenigen Dörfer.

Feuerspeiender Berg – © Ullrich Wannhoff

Die aufkommende Holzwirtschaft und der immer stärkerer Druck auf der Suche nach Gold und Erdgas sorgte für die Verbesserung der einzigen und langen Strasse von Petropavlovsk nach Ust-Kamtschatsk, die nur wenige Abzweigungen hat. Heute erleben wir eine breit angelegte Schotterpiste die parallel zum Fluss verläuft, ebenso gewaltige Strommasten, deren Gestelle starke Stürme, aber auch Erdbeben aushalten müssen. Unter dem Straßenrand sind moderne Medien, wie Gas und Telefonkabel, verlegt worden.

Weiße Vulkane wachsen aus dem Grün – © Ullrich Wannhoff
Weiße Vulkane wachsen aus dem Grün – © Ullrich Wannhoff

So zeichnet sich für mich das Umfeld dieses Flusses ab. In meinen Collagen und Tagebuchaufzeichnungen spiegeln sich meine Reflexionen auf den Fluss wider. So wie das süße Wasser täglich in den Ozean fließt, so gestalten die Menschen das Umfeld, und nichts bleibt so wie es ist! Auch wenn einzelne Ortschaften an Bedeutung verlieren und sogar verschwinden, besitzt der Fluss mit seinen reichen Rostoffen auf beiden Seiten Zukunft.

Vulkankrater öffnet sich – © Ullrich Wannhoff

Der Zyklus „Die Seele des Flusses gebiert Landschaften“ umfasst Arbeiten auf Papier (52 x 70 cm).

Der Winter kommt – © Ullrich Wannhoff
Der Winter kommt – © Ullrich Wannhoff

Der Malgrund besteht aus Asche und Zellleim. Die Asche verkörpert symbolisch das Verbrannte, das neue Kräfte für die Zukunft frei setzt, den fruchtbaren Boden, die wir an vielen Vulkanhängen kennen. Der brüchige Malgrund steht auch für die Verletzbarkeit der Landschaften – und unserer selbst.

Schrott erhebt sich aus dem Fluss – © Ullrich Wannhoff
Verletzte Landschaft – © Ullrich Wannhoff
Verletzte Landschaft – © Ullrich Wannhoff

Die Motive enstanden aus meinen Erlebnissen von Kljutschi und Ust-Kamtschatsk im Jahr 2012, vom letzten Viertel des Flussverlaufes bis zur Mündung.

Aus dem Gelb wächst der Winter – © Ullrich Wannhoff
Aus dem Gelb wächst der Winter – © Ullrich Wannhoff

Die mit Leimfarbe angelegten Flächen wurden mit Pastell erhöht. Weite und Melancholie der Landschaft legen sich in den Schwingungen der Farbe nieder.

Weiße Nebelbänke legen Feuchtigkeit ab – © Ullrich Wannhoff
Weiße Nebelbänke legen Feuchtigkeit ab – © Ullrich Wannhoff
Hinterlassenschaft –  © Ullrich Wannhoff
Hinterlassenschaft – © Ullrich Wannhoff

Teil I dieser Serie: „Wo die Zukunft wegfließt„, Teil II: „Ust-Kamtschatsk – Geflügeltes an der Mündung des Flusses„. Über meine „Kreuzfahrt“ mit einem aufblasbaren Gummi-Kajak auf dem Kamtschatka-Fluss im Folgejahr kann man hier nachlesen: „Bis zum Stillen Ozean und weiter“ – oder über alles in meinem Buch „Der stille Fluss„.

Reblogged vom 29. Juli 2013 von Ullrich Wannhoff

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