reblogged vom September 2014 – Auszug aus einem Artikel im Sonderheft „Norden“ des Magazins 360° Kanada.
Bevor wir in den Zodiac steigen, ziehen wir dicke Pullover und mehrere Schichten Jacken über. Der kalte Wind scheint von allen Seiten gleichzeitig zu kommen. Wir fahren tief in die Coningham Bay hinein; bald sind wir nahe genug am nebligen Ufer, um mit dem Fernglas dort Knochen zu erkennen: Wirbelsäulenteile von Walen. Und dazwischen ein Eisbär. Anfangs halte ich ihn für einen glänzenden Felsen, denn er bewegt sich nicht. Als wir nahe genug heran sind, schwinden alle Zweifel. Da steht ein Eisbär direkt über einem Stück abgenagten Walkadaver, man erkennt deutlich die Wirbelknochen des Meeressäugers.
Nun sieht der Eisbär uns – er blickt her, aber zeigt sich nicht beeindruckt. Was mag in seinem Kopf vorgehen? Er behält die Ruhe, wartet ab, dann macht er etwas Verblüffendes: er setzt sich auf seine Beute. Eine Geste der Besitzverteidigung? Er bewegt den Kopf, schaut immer wieder her. Und dann verlässt er seinen Platz. Dass er absolut keine Angst hat, erkennen wir daran, dass er sich auf uns zu bewegt, ohne Hast. Langsam und gemessenen Schrittes kommt er näher.
Dann kommt er ohne Hast noch näher an die Uferlinie, mit einwärts gesetzten Vorderfüßen und schwingenden Hüfte, und wir können die kraftvolle Pose des Eisbären bewundern. Er tritt mit seinen riesigen Tatzen ins flache Wasser, so als wollte er sagen: „Ich weiß zwar nicht, wer ihr seid und was ihr hier wollt, aber eins ist klar: Das hier ist mein Platz und meine Beute; bleibt lieber weg!“ … … …
… … … Da die Eisbären, selbst wenn sie sich temporär an Land aufhalten, vom Meereis abhängig sind – für ihre Jagd und Ernährung wie für ihre Vermehrung – liegt die Zukunft der Eisbären da, wo die Zukunft des Polareises liegt. … Ob auch unsere Ur-Ur-Enkel noch Eisbären sehen können?
Den vollständigen Artikel kann man im Sonderheft Norden des Magazins „360° Kanada“ nachlesen.
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