reblogged/aktualisiert vom April 2013
Bis heute befassen sich Historiker, Enthusiasten und Fans (oft als Franklinistas oder Franklinites bezeichnet) mit dem Schicksal von Sir John Franklin, dem Scheitern seiner Expedition und der Auseinandersetzung darüber, wem denn nun der Ruhm des Entdeckers der Nordwestpassage gebührt. Britische Traditionalisten beharren meist auf Franklin, andere benennen Francis Crozier, Dr. John Rae oder gar Roald Amundsen, der 1903-1905 die Passage erstmals vollständig mit dem Schiff befahren hatte. Die britische Admiralität hatte sich aber schon früh entschieden und Kapitän Sir Robert McClure für die Entdeckung der „Nordwestlichen Durchfahrt“ geehrt, obwohl er sein Schiff, die HMS Investigator, aufgeben musste, als es unwiederbringlich im Eis der Mercy Bay im Norden von Banks Island eingefroren war, wo es später sank.
Wem gebührte aber nun wirklich der Ruhm für die erste vollständige Durchquerung der Passage und die erste Umrundung der amerikanischen Kontinente? Es war ein junger Offizier, Leutnant Samuel Gurney Cresswell (1827-1867) von der Investigator, der seinen schwer erkrankten Kameraden, Maat Robert Wynniatt, zurück nach England begleitete und so bereits ein Jahr vor seinen Schiffsgenossen, am 7. Oktober 1853, London erreichte. Dort wurde Cresswell als Held und Bezwinger der Nordwestpassage gefeiert.
Cresswell, der auch offizieller Künstler der HMS Investigator war, hatte während seiner Zeit in der Arktis verschiedene Aquarelle zur Dokumentation der Reise und der Entdeckungen angefertigt. Einige seiner Aquarelle wurden sogar Queen Victoria präsentiert. Nach diesen Aquarellen entstand dann eine Mappe mit acht Lithografien, die wohl bis heute die meist reproduzierten Bilder zur Entdeckungsgeschichte der Nordwestpassage sind!
Besonders ein Blatt ist geradezu eine Ikone zur Thematik „Entdeckung der Arktis“ geworden. Es zeigt, wie die HMS Investigator durch das sich übereinander schiebende Packeis in Schwindel erregende Höhe und Schieflage gehoben wurde und dadurch von vollständiger Zerstörung bedroht war.
Ähnliche Darstellungen gibt es auch von Abraham Hondius, einem Holländer, der bereits 1677, also fast 200 Jahre vor Cresswell, ein im Packeis eingeschlossenes Schiff gemalt hatte, und auch von Sir George Back, der 1838 die im Eis eingeschlossene HMS Terror gezeichnet hatte.
Da bis heute keinerlei detaillierten Zeugnisse von der Reise Franklins oder gar Tagebücher der Kapitäne oder Mannschaften gefunden wurden, sind nur wenige Aufenthaltsorte der Expedition sicher und verbindlich verbrieft. Der bekannteste ist Beechey Island. Hier wurden am 23.8.1850 drei Gräber und Überreste eines Winterlagers entdeckt, und so gehört dieser Ort bis heute zum Pflichtprogramm vieler Arktisreisender, also auch von Künstlern, die sich auf die Spuren der verschwundenen Franklin-Expedition begeben.
Von Maurice Haycock gibt es ein Gemälde, das Beechey Island aus einer ungewohnten Perspektive zeigt und das an einem für die normalen Touristen unerreichbaren Ort entstanden ist. In dieser Ansicht befinden sich die Gräber am rechten Ende der kleinen Landbrücke hinüber zu Beechey Island. Im Hintergrund ist Cape Riley zu sehen, wo 1850 ebenfalls Hinterlassenschaften der Franklinexpedition gefunden worden waren.
Neben den Grafiken von Cresswell gibt es auch eine Serie handkolorierter Glas-Dias, die von Frederik James Cox für die sogenannte Laterna Magica über die Franklin Expedition und die Suche nach den verschwundenen Seeleuten geschaffen wurde. Mittelpunkt waren immer auch die Schwierigkeiten beim Überleben in der Arktis und die Qualen, die die Mannschaften bei der Suche nach Franklins Schiffen erdulden mussten.
Nachdem die Expedition unter Sir Francis Leopold McClintock 1859 in einem Steinmal eindeutige schriftliche Beweise für den Tod Franklins entdeckt hatte und weitere Hinweise über das vermutliche Scheitern der gesamten Expedition gefunden wurden, richteten viele nachfolgende Arktis-Expeditionen ihren Schwerpunkt auf die Erforschung der Nordpolregion.
Da genaue Informationen über den Tod Franklins und seiner Leute fehlten, versuchten sich viele Journalisten, Schriftsteller und auch bildende Künstler an Interpretationen des Ablaufes der Ereignisse.
Einer der bekanntesten US-amerikanischen Maler seiner Zeit war Frederic Edwin Church (1826-1900) aus Neu-England. Angeregt durch Alexander von Humboldt begann er zu reisen und fertigte später im Atelier Portraits beeindruckender und bisher so nicht gezeigter Landschaften, zunächst aus Nord- und Südamerika, später auch aus Europa und dem Orient. Die Berichterstattung über die Nordwestpassage und Erzählungen von Walfängern aus seiner Heimat über die Meere des Nordens und besonders die Eislandschaften führten ihn 1859 zu einer Reise in den Nordatlantik zwischen Labrador und Grönland, um Eisberge zu zeichnen. Im Ergebnis dieser Reise entstand 1861 das monumentale Gemälde „Die Eisberge“, das zunächst keine besondere Aufmerksamkeit fand und erst später, 1863, in England verkauft wurde. Das Bild wurde von der Öffentlichkeit schnell vergessen, erst über 100 Jahre später wurde es in einer Internatsschule für Jungen wiederentdeckt und 1979 durch Sotheby’s für 2,5 Millionen US-Dollar verkauft – seinerzeit der höchste jemals erzielte Preis für ein amerikanisches Gemälde.
Der Arktisreisende Julius von Payer, einer der Entdecker von Franz-Josef-Land, betätigte sich nach seiner Zeit als Forschungsreisender als Maler, wo er seine eigenen Erlebnisse auf drei Reisen in die Arktis, aber auch das Geschehen um die verschwundene Franklin-Expedition verarbeitete. Das Gemälde „Starvation Cove“ zeigt einen Eisbären, der im Begriff ist, sich auf eine Gruppe von sterbenden oder bereits toten Seeleuten in einem Bootswrack zu stürzen. Nur am Bug steht ein Mann mit einem Gewehr noch aufrecht und bereit, sich gegen den hungrigen Bären zu verteidigen.
Mehr über die Suche nach der Nordwestpassage findet man auch in unserem Kanada-Länderporträt, das schon in wenigen Tagen – Ende Juli 2019 – in neuer Auflage erscheinen wird.
hier gehts zum Teil I dieses Beitrags, hier zum Teil III.