Aleuten windig und kalt

reblogged vom 25. Juli 2012

„Es regnet in Strömen“, „Aleuten windig und kalt“, steht in der Email unseres Co-Bloggers Ullrich Wannhoff von seiner Reise Mitte Juli durch die Inselgruppe der Aleuten. Der Archipel vulkanischen Ursprungs liegt etwa auf dem gleichen Breitengrad wie Berlin, gehört jedoch zur subarktischen Klimazone, und das Wetter ist in der Regel rau: die Sonne macht sich rar, die Niederschläge sind häufig, nicht selten herrscht Nebel, und die Temperaturen erreichen im Sommer höchstens 10-13°C. Neblig war es auch im Juli 1850, als Johann August Miertsching an Bord der „Investigator“ die Inselgruppe passierte. Das Schiff war Anfang Juli in Hawaii gelandet, wo Miertsching die dortige Missionsstation besuchte.

Honolulu Mission Museum
Historische Missionsstation in Honolulu – © Wolfgang Opel

Schon wenige Tage später segelte die Investigator mit frischen Lebensmitteln an Bord wieder los, um das Beringmeer zu erreichen. Auf der Suche nach der verschollenen Franklin-Expedition und nach der Nordwestpassage wollte Kapitän McClure keine Zeit verlieren und entschied sich für die risikoreichere, aber wesentlich kürzere Passage durch die Aleuten, anstatt des damals für die englische Flotte üblichen westlichen Seeweges über Petropawlowsk/ Kamtschatka, der rund 60 Tage gekostet hätte. Trotz des Nebels kam das Schiff auf seinem Kurs nach Norden gut voran und erreichte die gewünschte Passage durch die Aleuten schon am 20. Juli. In seinem Reisetagebuch schreibt Miertsching von den Inseln Amlia, Seguam und Tschunam, die am 20. Juli nacheinander kurz aus dem Nebel auftauchten; er fügt hinzu, dass Amlia und Tschunam bewohnt seien. Heute leben auf Seguam ca. 2000 Einwohner, Amlia aber hat keine ständigen Bewohner mehr. Was mit der Insel Tschunam gemeint war, konnten wir noch nicht herausfinden.

HMS Investigator
HMS Investigator in einer zeitgenössischen Darstellung

Die HMS Investigator setzte ihren Kurs aufgrund der günstigen Winde geradewegs nach Norden fort, um vorbei an der St. Lawrence Insel und zwischen den Diomedes-Inseln das Nordpolarmeer zu erreichen.
In künftigen Blogeinträgen – und eines Tages auch in einem Buch – werden wir mehr über das weitere Schicksal dieses Schiffes und über das Leben von J.A. Miertsching berichten. (Mehr zur HMS Investigator auch im Artikel Das Wrack im Eis – Die Entdeckung der Nordwestpassage und die Verbindung zur Oberlausitz im Heft 01/2012 des Magazins „360° Kanada“)

Unser Co-Blogger Ullrich Wannhoff aber gelangte auf einem anderen Kurs als Miertsching aus dem Aleuten-Tief heraus – er kam zu den Shumagin Islands, weiter östlich, wo er die weißen schneebedeckten Berge Alaskas im strahlenden Sonnenschein sehen konnte. Die Insel trägt den Namen von Nikita Shumagin, der an Vitus‘ Berings Großer Nordischen Expedition teilnahm, unterwegs an Skorbut starb und auf Nagai Island beerdigt wurde.

Nagai Island
Nagai Island – Foto: U.S. Fish and Wildlife Service

Mehr als 1.500 km weiter, ganz am anderen, westlichen Ende der Aleutenkette, auf der sibirischen Seite, liegen die Kommandeurinseln, auf denen sich Ullrich Wannhoff bestens auskennt. Mehr über seine monatelangen Aufenthalte dort kann man in seinem Buch Comandor nachlesen.

posted by Mechtild Opel am 25. Juli 2012

Nachtrag vom März 2022: Wir freuen uns sehr, dass unser Buch „Weil ich ein Inuk bin. Johann August Miertsching – ein Lebensbild“ im Sommer 2022 im Berliner Lukas Verlag erscheinen wird.

Dieser Beitrag wurde unter Miertsching, Nordwestpassage, Polarexpeditionen, Sibirien abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert