reblogged vom 13. August 2012
Jedes Jahr gegen Ende des Sommers beginnt die Diskussion neu: Ist es der Klimawandel, dessen Auswirkungen wir gerade beobachten, ist er von uns Menschen verursacht? Ist der Sommer kühl und wechselhaft, heißt es: Das ist doch alles Unsinn mit dem Klimawandel, wo blieb denn die angekündigte Hitze? Ist der Sommer zu heiß und zu trocken, heißt es: Das ist doch kein Klimawandel, heiße Sommer gab es früher auch schon. Klima und Wetter werden häufig mit einander verwechselt, oder man nimmt das lokale Wettergeschehen als Maß für das Klima der Erde. Was sagen nun aber die Fakten für den Sommer des Jahres 2012 auf der Nordhalbkugel?
Seit April 2010 umkreist der Satellit CryoSat-2 die Erde, seine Hauptaufgabe ist die Messung der von Eis bedeckten Fläche der Arktis und der Stärke dieses Eises. Obwohl der Sommer noch nicht vorbei ist, sehen die Wissenschaftler einen neuen (negativen) Rekord. Der Verlust an Eis in diesem Jahr ist derzeit 50% höher als bisher vorausgesagt. Ein Blick auf die im Internet veröffentlichten Daten zeigt, dass Gebiete, die vor Jahren auch im Sommer nie ohne Eis waren, jetzt komplett eisfrei sind. In diesem Jahr hätte die HMS Investigator kein Problem gehabt, die Nordwestpassage vollständig zu befahren, ganz anders 1850, als sie nahe Banks Island zum ersten Mal im Eis stecken blieb und Kapitän McClure, sein Inuktitut-Übersetzer Johann August Miertsching und die gesamte Mannschaft in der Prince of Wales Strait überwintern mussten.
Während vom Petermann-Gletscher in Grönland ein neuer Eisberg von ungefähr 120 km² abgebrochen ist – das entspricht der Fläche der Müritz, des zweitgrößten deutschen Sees, oder der anderthalbfachen Größe von Manhattan – war die Frobisher Bay durch riesige Eisfelder verstopft, so dass selbst größere Schiffe Iqaluit, die Hauptstadt von Nunavut, nicht mit Versorgungsgütern erreichen konnten. Das ist allerdings nicht ungewöhnlich, denn bei vorwiegend südöstlichen Winden können sich hier große Eisfelder in den Buchten stauen, wie es der Dresdener Ornithologe Bernhard Hantzsch erfahren musste, als sein Schiff 1910 nach einem Zusammenstoß mit einem Eisberg unterging und sich die gesamte Mannschaft nur mit Mühe retten konnte.
Ganz anders sieht es zur Zeit in Südeuropa aus. Große Waldbrände auf La Gomera und der griechischen Halbinsel Chalkidiki vernichten Wälder, landwirtschaftlich genutzte Flächen, Ortschaften und menschliche Existenzen. – Wir Menschen zeigen uns jedoch kaum lernfähig. Nach wie vor fühlen sich nur wenige persönlich verantwortlich. Viele verweisen auf die Regierungen und auf die Konzerne – die anderen sollen es richten. Dabei scheint es so einfach zu sein. Die kenyatische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai hat es in einem Vorwort zu einem kleinen Büchlein auf den Punkt gebracht: Wir Menschen müssten nur die „Vier R“ berücksichtigen: Reduce, Reuse, Recycle und Repair, was im deutschen entspricht: Reduzieren, Wiederverwenden, Aufbereiten und Reparieren. Das letzte R stammt übrigens vom ehemaligen CDU-Umweltminister Klaus Töpfer.
Das grafisch wunderschön gestaltete Buch Flight of the Hummingbird (Greystone Books, Vancouver 2008) enthält die Parabel von dem kleinen Kolibri, der versucht einen Waldbrand zu löschen.
Tropfen für Tropfen holt er aus einem Fluss und lässt sie über den Bränden fallen, während die anderen Tiere nur verstört und erschrocken zusehen. Als der Bär den kleinen Kolibri fragt, was er denn tue, antwortet der: “I am doing what I can – Ich tue was ich kann“. Das bedarf keiner weiteren Erklärung. Diese wunderschöne Geschichte gibt es nicht nur als Buch, sondern auch als animiertes Video im Internet zu sehen.
Buch und Film stammen von dem bekannten Haida-Künstler Michael Yahgulanaas, das Nachwort zum Buch schrieb der Dalai Lama.
posted by Wolfgang Opel am 13. August 2012